Markt 22
Mehrteilige Hausanlage, bestehend aus Vorderhaus und niveautiefer liegendem, zweigeschossigem Hinterhaus mit ehemaligen Stall- und Wirtschaftsräumen; kleiner Lichthof und gemauerter Stadel an dem „Hintere Zeile“ genannten Gassenzug. Mächtiges, zweigeschossiges Eckhaus mit giebelbekrönter Blendmauer.
Wie oben erwähnt diente das Haus bereits im Mittelalter dem Salztransport von Passau, die Donau abwärts bis Landshaag bzw. Untermühl und von da über Neufelden nach Böhmen. Der Salzhandel war die Einnahmequelle von „Velden“, wie Neufelden damals hieß. Dieser ging im 16. Jh. zurück und geriet im 17. Jh. zum Erliegen. Das Haus kam 1701 in den Besitz des Leinenhändlers Johann Georg Wöss aus Sarleinsbach, der 1707 das bis dahin eingeschossige Haus aufstocken und ausbauen ließ. Unter Franz Josef Wöss wurde 1793 die spätbarock-frühklassizistische Fassade errichtet – wie bereits beim Haus Markt 16 angemerkt, bescherte der Leinwandhandel dem Markt eine gewisse Wohlhabenheit in der zweiten Hälfte des 18. Jh.
1915 erwarb Rudolf Fischer das Haus zusammen mit der Konzession einer Tabaktrafik. Er entstammte einer Neufeldner Schuhmacher Familie. 1918 wurde er der erste Bürgermeister der neuen Republik Österreich. Anfang der zwanziger Jahre wanderte er nach USA aus und gründete in New York eine Schuhfabrik. Als „Amerika-Fischer“ kehrte er 1937 nach Neufelden zurück, wo er von den Nationalsozialisten argwöhnisch beobachtet wurde. Am 1. Mai 1945 rettete er mutig als selbsternannter „Parlamentär“ Neufelden vor der Zerstörung durch die Amerikaner, die bereits mit dem Beschuss begonnen hatten. Es war sicher nicht leicht mit einer weißen Fahne in der Hand, die deutsche Wehrmacht im Rücken, auf amerikanische Panzer zu zulaufen! Nach seinem Tode 1952 besaß seine Frau Johanna das Haus bis 1958.
Denkmalschutz
Auszug aus dem Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 10. Mai 1995:
Mehrteilige Hausanlage, bestehend aus Vorderhaus und niveautiefer liegendem, zweigeschoßigem Hinterhaus mit ehemaligen Stall- und Wirtschaftsräumen; kleiner Lichthof und gemauerter Stadel an dem „Hintere Zeile“ genannten Gassenzug. Mächtiges, zweigeschoßiges Eckhaus mit giebelbekrönter Blendmauer, über längsrechteckigem Grundriß im Verband der nördlichen Häuserzeile der Marktstraße gelegen.
Gemäß Hauschronik bereits mittelalterlicher Ursprung des Hauses als Salzniederlage des bis Obermühl auf der Donau transportierten passauischen Salzes. Nach den Wirren des 30-jährigen Krieges 1701 in den Besitz des Leinenhändlers Johann Georg Wöss aus Sarleinsbach, der 1707 das bis dahin eingeschossige Haus aufstocken und ausbauen läßt. Unter Franz Josef Wöss 1793 spätbarock-frühklassizistische Fassade. Im Jahr 1897 „Linzer Bote“. Brand des Dachstuhles 1937. Seit 1983 im Besitz der Gemeinde, 1985 Adaptierung als Rathaus.
Erdgeschoß über Granitsteinsockel im Putz gebändert. Mittelportal mit grobbogig schließendem, hochgesockelten und profilierten Granitgewände mit Kämpfer und Keilstein, zugehöriges Türblatt zweiflügelig und vierfeldrig mit Medaillons und Girlanden, ornamentierte Oberlichte. Geschwungener Giebelaufsatz über Blendmauer und kraftvoll profiliertem Abschlußgesims; Pinienaufsätze. Geschoßgliederung durch profilierte Kordongesimse. Putzpilaster in den beiden oberen, rieselverputzten Geschoßen zwischen den Fenstern, an den Außenkanten verdoppelt. Rechteckfenster in Granitgewänden, mit Kanteisenfensterkörben mit Wellenrautenmuster; im ersten Obergeschoß mit Steingewänden, angeputzte Ohrenfaschen. Alternierend konkav-konvex geschwungene, profilierte Verdachungen; in den Sturzfeldern Girlanden und Maschen; im Dachgeschoß einfacher gestaltet. Erneuerte Holzfenster; an West- und Rückfassade kreuzbandverzierte Eisenläden. Gliederung und Dekor der Westfassade analog.
Im Inneren kreuzgratgewölbter, 14-jochiger Mittelflur, wohl aus der Umbauzeit von 1707; Grantibodenbelag. Straßenseitige Räume rezent flach gedeckt, anliegendes Kabinett mit Flachdecke über querliegendem, profilierten Holztraum vom Anfang des 18. Jahrhunderts; schliefbarer Kamin mit Putztüren mit Eisenläden; kleiner Lichthof. Ein weiterer Raum mit Kreuzgewölbe. Im hinteren Hausteil dreijochiger kreuzgewölbter Raum mit angeputzten Graten, tiefeingeschnittenen Kappen und profilierten, zentralen runden Stuckspiegeln. Kellerabgang vom Flur links, hinter breitem, profiliertem Granitportal mit zugehöriger Holztüre, überwölbte einläufige Steinstiege; tonnengewölbter Kellerraum mit Granitpflasterung. Ein weiterer, ebenfalls tonnengewölbter Keller wird vom Flur mittels eiserner Falltüre erschlossen. Vom Flur links abgehende, rechtsabgewinkelte Granitstiege ins Obergeschoß, hinter biedermeierlicher Eisengittertüre mit Initialen „JS“ (Josef Schraml 1816-1858). Über der Stiege ein Granitsteg mit Initialen „GW“ (Georg Wöss 1707). Eisernes Stiegengitter mit Messingknöpfen. Im Obergeschoß flachgedeckter Vorraum mit längsovalem Stuckmedaillon, mehrfach profilierten, umlaufenden Kehlen. Dreijochiger Stichflur mit Platzgewölben und Stuckmedaillons zu den straßenseitigen Zimmern. Rückseitig gelegener Raum mit Stuckmedaillon und Stuckherzen in den Ecken, ein weiterer vierjochiger kreuzgewölbter Raum mit putzfaschenbesetzten Graten.
Im Haupthaus einflügelige Holztüren, Türstöcke mit Zopfmuster und Rosetten, vierfeldrige Füllungstüren mit Rosetten, maschenverzierte Messingschilder und Messingkastenschlösser, geschwungene Messingknäufe. Alles aus der Umbauzeit von 1792. In einem straßenseitigen Zimmer mit profilierter Hohlkehle Kachelofen mit Gesims. Rosettengeschmückte, eiserne Dachbodentüre des 19. Jahrhunderts.
Im ehemaligen Stall Traversengewölbe, der ursprüngliche Stalleingang vermauert.